Dennoch sind hiesige Unternehmen auf ausländischen Nachwuchs und Fachkräftezuwanderung angewiesen. Die Entwicklung der letzten 21 Jahre wird sich daher auch künftig fortsetzen (müssen). Während 2000 nur ca. 10.000 Beschäftigte in sächsischen Unternehmen aus dem Ausland stammten, sind es 2021 schon rund 100.000 (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: 31.03.2021).
Fachkräfte sind trotz der Unterstützung ausländischer Arbeitnehmer*innen ein rares Gut. Daher wird die Rolle der Arbeitgeberattraktivität immer größer. Allerdings setzen lt. der Herbstkonjunkturumfrage 2021 des Kammerbezirks Chemnitz nur ca. 25 % auf Angebote zur Weiterbildung. Dabei könnten diese mögliche Arbeitnehmer*innen überzeugen und gleichzeitig künftig benötige Qualifikationen sicherstellen.
Weiterhin stellte Herr Witschaß dar, welche Instrumente Unternehmen derzeit als erfolgsversprechend für die Rekrutierung ansehen.
Nach dem ersten Beitrag ließ sich festhalten, dass es immer herausfordernder wird, Personalstellen zu besetzen. Dies sahen auch die Teilnehmenden so und diskutierten, welche Mittel Unternehmen nutzen sollten, um dem entgegenzuwirken. Genannt wurden u.a. Digitalisierung im Bewerbungsprozess, um diesen einfacher und effektiver zu gestalten. Aber es wurde auch deutlich gesagt, dass Sachsen viel aufzuholen hat. Gerade bei MINT-Fachkräften gelingt es oft nur in und um Leipzig, diese zu gewinnen und zu binden. Möglicherweise überzeugt auch die Ansprache der Unternehmen nicht. Auch hierzu konnten sich die Teilnehmenden wieder per Umfrage einbringen. Was sind Ihrer Meinung nach die wirksamsten Recruitinginstrumente? Platz 1 Soziale Medien nutzen und Platz 2 persönliche Ansprache.
Mit genau diesem Thema befasst sich auch die Studie FUM – Fachkräfteorientierte Unternehmenswebseiten in Mittelsachsen. Marit Bartetzko von der ATB stellte die Ergebnisse hierzu vor und es wurde schnell klar, dass gerade Social Media bei vielen Kleinunternehmen noch gar kein Thema ist. 42 % nutzen Facebook, 31 % Instagram und 33 % Youtube (N=710). In zwei Workshops mit Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 9 und 10 bestätigte sich, dass Soziale Netzwerke eine große Rolle für die Ansprache künftiger Azubis spielen. Außerdem zeigte sich, dass die Unternehmen dabei immer wieder am Puls der Zeit bleiben müssen. Facebook bspw. wird von dieser Generation kaum noch genutzt („Da sind doch nur alte Leute.“). Instagram, Youtube und Tiktok sind hingegen die Netzwerke, in denen Jugendliche auch auf Unternehmen aufmerksam werden. Auch stellte sich bei diesen Workshops heraus, dass die Mehrheit der Oberschüler lieber in einem Unternehmen mit 10-49 Mitarbeitenden arbeiten möchten. Dabei spielt vor allem der respektvolle und persönliche Umgang miteinander sowie der Kontakt zum direkten Ansprechpartner bzw. zum Chef oder zur Chefin eine entscheidende Rolle. Das Gehalt wird hingegen überwiegend als zweitrangig empfunden.
Die Oberschüler*innen machten ebenso deutlich, dass Unternehmen auch über eine ansprechende Webseite verfügen sollten, die auf jeden Fall für die mobile Nutzung optimiert sein muss. Eine übersichtliche Darstellung mit kurzen Texten und Bildern von echten Mitarbeitenden sowie eine authentische Unternehmensvorstellung einschließlich etwaiger Benefits wird als essentiell wahrgenommen. Außerdem wünschen sich künftige Azubis Informationen über die Ausbildung und auch über Zugangsvoraussetzungen (z.B. erwünschter/notwendiger Notendurchschnitt).
Konstatieren lässt sich, dass die Auswahl und besonders die Pflege sozialer Netzwerke ein Muss für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist. Webseiten sollten fachkräfteorientiert aufgebaut sein. Sie sollten über einen schnell zu erreichenden Karrierebereich verfügen und dort gezielt die bis zu drei Zielgruppen (Fachkräfte, Azubis und Schüler*innen) ansprechen. Ferienjobs oder Praktika gelten dabei nach wie vor als das wichtigste Einfallstor für künftige Azubis.
Wichtig – und das wurde auch in der anschließenden Diskussion noch einmal betont – ist, dass die Versprechen, die auf der Webseite gegeben werden, auch in der Realität gehalten werden können. Und das beginnt bei einer schnellen Bearbeitung und Beantwortung von Anfragen und Bewerbungen.
Trotz der knappen Zeit gab es viele Impulse und Anregungen sowohl von den Vortragenden als auch von den Teilnehmenden. Die Onlineveranstaltung hat somit richtig Lust auf das offizielle 4. Sächsische Fachkräftesymposium im Frühjahr 2022 gemacht – dann hoffentlich in Präsenz!